Gießener Allgemeine vom 10.6.2024
Gießen - War zum Saisonstart der Basilika-Konzerte mit Trio Klangspektrum eine besondere Instrumentenkombination in Erscheinung getreten, so präsentierte nun das Ensemble german hornsound auf dem Schiffenberg eine geläufige Besetzung. Christoph Eß, Andrés Eloy Aragón Ayala, Stephan Schöttstädt und Timo Steininger hatten je drei Lieblingsstücke beigesteuert und gaben Bearbeitungen aus eigener Feder den Vorzug.
Für einen schwungvollen Auftakt sorgten sie mit dem »Vivo« aus Händels »Wassermusik«. Die klanglichen wie dynamischen Nuancen kamen in der Basilika vorzüglich zur Geltung. Dies galt auch für die Arie »Lascia ch’io pianga« aus Händels Oper »Rinaldo«. Hier konnte man sich dem bitteren Ernst der Musik hingeben.
Wieder in unbeschwerte Gefilde zurück nahm die zahlreichen Besucher das Allegro aus Johann Sebastian Bachs »Brandenburgischem Konzert« Nr. 2 ein. Das Ensemble bot es mit packendem Elan. Allerdings gingen bei dem sportlichen Tempo manche Details unter.
Einen Sprung vom Barock zur Wiener Klassik vollzog das Quartett mit dem Kopfsatz aus Haydns Sinfonie Nr. 82. Die entstand 1786 als Auftragswerk für die Pariser Loge Olympique und ist für die Instrumentationskunst und ausgeprägte thematische Arbeit bekannt. Von Beginn an gefiel die klare Phrasierung, überhaupt die anschauliche Gestaltung des Ensembles.
Im Kontrastreichtum stand das Arrangement dem Orchester-Original nicht nach und bewies, welch breite Tonpalette sich auf dem Blechblasinstrument erzeugen lässt.
Behutsamkeit wurde den Künstlern beim »Andante cantabile« aus Mozarts Hornkonzert Nr. 4 abverlangt. In dieser emotional intensiven Romanze entwickelte die für Mozart typische Melodik Faszinationskraft. Dem gegenübergestellt wurde das atemberaubend lebhaft gespielte Scherzo aus Beethovens Sinfonie Nr. 3.
Jedem Opernliebhaber vertraut gewesen sein dürfte die Kavatine des Figaro »Largo al factotum« aus der zweiten Szene von Rossinis »Der Barbier von Sevilla«. Die beherzte Interpretation bereitete Genuss. Wie bei den meisten anderen Stücken war die Auswahl auf die Orchesterpraxis der Hornisten zurückzuführen. Dies galt auch für die Karfreitagsmusik aus Wagners »Parsifal«. Eine schöne Idee war es, bei der »Wolfsschluchtszene« aus von Webers »Der Freischütz« durch vorangestellte Regieanweisungen die Fantasie der Hörer zu beflügeln.
Aus seiner Orchestererfahrung schöpfte das Ensemble auch beim Scherzo aus Bruckners Sinfonie Nr. 4. Die Darbietung strotzte vor Schattierungen und begeisterte. Einen starken Eindruck hinterließ das Quartett auch bei seiner Interpretation des Liedes »Ging heut morgen übers Feld« von Gustav Mahler. Der beliebte Tangokomponist Astor Piazzolla stand wie schon beim Saisonauftakt am Schluss des hörenswerten Konzerts. Die Besucher entlockten dem Ensemble Zugaben.
Sascha Jouini
Gießener Anzeiger vom 10.06.2024
Das Stuttgarter Quartett German Hornsound überzeugt in der Reihe der Gießener Basilika-Konzerte mit einem populärem Programm und Kompositionen im eigenen Arrangement.
Gießen . Eine angenehme Überraschung bot das Gastspiel des Ensembles German Hornsound am Sonntag in der sehr gut besuchten Basilika auf dem Schiffenberg. Mit bekannten und beliebten Werken von Händel, Bach, Haydn und Mozart klang das Programm selbst eher populär und wenig innovativ. Doch die vom Ensemble überwiegend selbst arrangierten Stücke gewannen im typischen Instrumentalklang und vor allem der minutiösen Präzision der Wiedergabe eine besondere, äußerst ansprechende Qualität. Nimmt man noch die unwiderstehliche Wärme des Hornklangs hinzu, kann man von einer großen Attraktion sprechen.
Stephan Schöttstädt, Andrés Eloy Aragón Ayala, Timo Steininger sowie Christoph Eß, die sich 2010 an der Hochschule für Musik in Stuttgart zusammenfanden, hatten jeweils drei Lieblingsstücke ausgewählt und fast alle auch selbst arrangiert. Das passte. Schon Im »Vivo« von Händels »Wassermusik« kamen feinste Nuancen zum Vorschein, und in seinem »Lascia chi’o pianga« (Rinaldo) glänzten die Gäste mit perfekter Geschlossenheit, Stabilität und kraftvollem Ausdruck. Dabei legten sie weniger Wert auf großes Volumen als vielmehr auf eine eindrucksvolle Differenzierung.
Auch Johann Sebastian Bachs zweites Brandenburgisches Konzert in F-Dur realisierten sie fabelhaft frisch, glasklar, mit sanftem Drive und müheloser Auflösung des komplexen Werks; es wurde zu einem ersten Glanzlicht. Bei Gioachino Rossinis »Largo al factotum« aus dem Barbier von Sevilla zeigte sich auch bei höherem Tempo eine untadelige Transparenz. Der »Karfreitagszauber« aus Wagners Parsival machte dann mit schönem rundem und getragenem Vortrag einen tollen Eindruck. Das stabile Fließen sorgt für eine fabelhafte Stimmung.
Insgesamt sorgten die German Hornsounds für eine völlig naturgetreue Wiedergabe. In der insgesamt guten Akustik der Basilika verlor sich die Prägnanz des Klangs zwar im hinteren Teil des Saals ein wenig, doch dem brillanten Eindruck des Quartetts machte das nichts aus.
Auch Dramatisches war ihnen nicht fremd. Die »Wolfsschluchtszene« aus Carl Maria von Weberns Freischütz gestalteten die Gäste zu einer veritablen Geisterbahnmusik. Einen ebenso informativen wie ironisch verstärkenden Akzent setzten hier die extra eingesprochenen Bühnenanweisungen (»Waldvögel kommen herunter und setzen sich ans Feuer«, »Ein schwarzer Jäger jagt vorbei«), die deutlich machten, dass es sich hier um authentische Spannungsmusik mit wunderbaren Effekten handelt - ein Riesenspaß.
Einfach nur schön war dann einfach Gustav Mahlers »Ging heute Morgen übers Feld« aus den Liedern eines fahrenden Gesellen. »Ist’s nicht eine schöne Welt?« heißt es da, während der Klang in einem sanften Fluss zugleich wunderbar differenziert realisiert wurde; ein weiteres Glanzlicht.
Der abschließende Höhepunkt war Astor Piazzollas »Meditango«. Die Komposition des Argentiniers sorgte in der komplett andersartigen Anmutung für einen starken Kontrast, der bei diesem Auftritt zugleich völlig passend wirkte. Exzellent gestaltete langsame, bedachtsame Passagen und ein famoses, sanftes Finale zeigten noch einmal, wie attraktiv Abwechslung sein kann.
So gab es am Ende massiven Beifall für eine herausragende interpretatorische und instrumentale Leistung im Konzert, die noch dazu mit einem großen romantischen Gefühl aufgeladen wurde. Als Zugabe gab es der Chor aus dem »Freischütz«, diesmal nur mit dem Gesang der Hörner.