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Gießener Allgemeine vom 27.5.2024

Basilika-Konzert mit dem Trio Klangspektrum

Sascha Jouini

 

Paula Breland, Anna-Katharina Schau und Rebekka Stephan (v. l.) nehmen den Beifall entgegen. © Sascha Jouini

 

Gießen (jou). Bereits im letzten Jahr war das Duo Amabile mit Klarinettistin Paula Breland und Akkordeonistin Anna-Katharina Schau auf dem Schiffenberg aufgetreten. Das Duo wurde nun zum Auftakt der neuen Basilika-Konzerte durch Cellistin Rebekka Stephan zum Trio Klangspektrum erweitert und bildete eine faszinierende Instrumentenkombination, die ein Großteil der zahlreichen Besucher noch nie gehört haben dürfte.

Die Musikerinnen nannten ihr vielfältiges Programm »Große Gefühle«, in dem sie in sich stimmig Werke der Romantik und des 20. Jahrhunderts verbanden. An Johann Sebastian Bach knüpfte zu Beginn eine Auswahl der »Studien in kanonischer Form« von Robert Schumann an. Das Trio vermittelte in den drei Stücken inspiriert die Gedankenversunkenheit und bediente sich einer reichen Farbpalette. Akustisch wie atmosphärisch kam die schillernde Musik in dem historischen Gemäuer vorzüglich zur Geltung.Auf Akkordeon solo spielte Anna-Katharina Schau drei Stücke aus Leos Janáceks »Auf verwachsenem Pfade«. Der für Klavier komponierte Zyklus trage autobiografische Züge und sei während einer seelischen Krise entstanden, erläuterte Schau. Das erste Stück - »Unsere Abende« - mutete denn auch wie eine von Wehmut erfüllte Erinnerung an. Die Akkordeonistin beleuchtete fantasievoll die träumerische Stimmung und entlockte der Musik zarte Nuancen. Sehr schön zeichnete sie bei »In Tränen« das dynamische An- und Abschwellen der Phrasen.

Im Zentrum stand das moderne Werk »In Croce« (1979) der russischen Komponistin Sofia Gubaidulina. Rebekka Stephan beschrieb, wie in dieser »Meditation über das christliche Kreuz« Cello und Akkordeon einander annähern, bis sie sich begegnen und wieder voneinander entfernen. Die karge Tonsprache mit vorwiegend enger Intervallik beim Tasteninstrument und immer länger werdenden Cellophrasen führte in eine spezielle Klangwelt. Die Komposition gipfelte in einem hitzigen Dialog der beiden Instrumente und entspannte sich dann wieder. Wie intensiv das Duo sie geistig zu durchdringen vermochte, beeindruckte.

Zurück auf konventionelle Pfade nahmen die ersten beiden Sätze aus Clara Schumanns Trio g-Moll mit. Sie zeugten von melodischer Erfindungskraft und dramaturgischer Raffinesse. Die Interpretation bewies, welch reizvollen Klavierersatz das Akkordeon bildet. Einen virtuosen Abschluss markierte Felix Mendelssohn Bartholdys »Konzertstück« Nr. 2. Für den wohlverdienten Applaus dankten die Musikerinnen mit einer Zugabe von Astor Piazzolla.


 

Gießener Anzeiger

28.05.2024

Auf selten begangenen Wegen

Von Heiner Schultz

Ein Trio mit breitem Klangspektrum (von links): Paula Breland, Anna-Katharina Schau, Jennifer Aßmus in der Basilika auf dem Schifffenberg. Foto: Schultz © Schultz

Das Trio Klangspektrum überzeugt beim Auftakt der Basilika-Konzerte auf dem Gießener Schiffenberg in einer ungewöhnlichen Besetzung.

Gießen . Ausgezeichnet gelang der Saisonauftakt der Basilika-Konzerte am Sonntag. Das vom Verein Gießener Meisterkonzerte ausgerichtete und bestens besuchte Ereignis brachte das weibliche Trio Klangspektrum auf den Schiffenberg. Ihr Programm »Große Gefühle« erwies sich als ebenso erfrischend wie informativ.

Paula Breland (Klarinette), Anna-Katharina Schau (Akkordeon) und Jennifer Aßmus (Violoncello) spielten ein Programm mit Werken von Robert und Clara Schumann, Leoš Janácek, Sofia Asgatowna Gubaidulina und Felix Mendelssohn Bartholdy. Es war ein nachgeholter Auftritt, der im vergangenen Jahr wegen Erkrankungen verschoben werden musste.

Los ging es nun mit drei der sechs »Studien in kanonischer Form« op.56 von Robert Schumann. Das war sogleich eine Überraschung, denn man kannte zwar alle vertretenen Instrumente, aber diese Kombination ist doch speziell. In der guten Akustik der Basilika erklang das leichtfließend und luftig, der Bass des Akkordeons war verblüffend passend; das wirkte sogar etwas besinnlich. Im zweiten Teil musizierten die Gäste mit etwas mehr Atem, kraftvoller und expressiver, mit schönen gemeinsamen Linien von Cello und Klarinette - das war beschwingt und angenehm. Das transparente Klangbild blieb auch im letzten Teil erhalten, hinzu kam ein leichter melancholischer Zug. Der ungewohnte Klang erwies sich als attraktiv und bereichernd.

Die drei Teile aus Leoš Janáceks (1854-1928) Zyklus »Auf verwachsenem Pfade«, im Original für Klavier (Unsere Abende, Ein verwehtes Blatt, In Tränen) waren die nächste Überraschung des Konzerts. Das war ein schönes ruhiges Atmen mit gut gestalteter Dynamik und großer Vielfalt in der Farbgebung. Charakteristisch war ein sachtes bis mittleres, sanftes Wehen und Fließen mit schönen melodiehaften Wendungen. Es wurde mit schönsten Nuancen realisiert und sehr gut ausgeleitet. Starker Beifall.

Musikalische Meditation

Inhaltlich hochinteressant war Sofia Asgatowna Gubaidulinas (geboren 1931) »In Croce« für Violoncello und Orgel. Die Meditation über das Symbol des Glaubens kam mit Klangexperimenten und unerwarteten Tönen auf die Bühne des historischen Saals: Das Akkordeon brachte schnelle, oszillierende Töne, denen das Cello kräftigere Elemente entgegenstellte. Der Reiz lag in einer klanglichen Annäherung und Begegnung der Stimmen, die zu einer gemeinsamen Musikalität führten. Mehr noch, es wuchs ein Klanggebirge mit heftigen Konturen heran, die mit dramatischen Akkordeon-Glissandi und Cello-Aktionen gekrönt wurden. Dann ein Aufstieg aus tiefer Stille, gezupfte freie Cello-Laute, und das Akkordeon meldete sich zurück; die Dringlichkeit stieg an. Nach einer volleren Flageolettphase schnurrte das Akkordeon nur noch leise vor sich hin - nichts war mehr wie vorher.

Zwei Teile aus Clara Schumanns (1819 - 1896) Klaviertrio in g-Moll op. 17 musizierten das Trio leicht, aber mit spürbarem Schwung. Alle Stimmen waren selbstbewusst dabei, und man erlebte eine kräftig steigende Dynamik und große Abwechslung, immer wieder mit fein ausdifferenzierten Momenten. Dann ein leicht schwelgerisches Geschehen, tänzerische Elemente und tänzerischer Schwung: es wurde lebhaft.

Schwungvoll und fröhlich, im dritten Satz tanzgeneigt, erklang schließlich Felix Mendelssohn Bartholdys (1809- 1847) Konzertstück für Klarinette, Bassett-Horn und Klavier Nr. 2. Die Klarinette hob sich schön heraus, und bei aller farbenfrohen Vielfalt der Stimmen verblieb auch ein narrativer Unterton. Der Abschluss geriet dann insgesamt herausragend präzise und ausdrucksvoll.

So war ein bemerkenswertes Konzert eines herausragenden Ensembles zu erleben, das mit sicherem Gespür auch selten begangene Wege beschreitet und sein Publikum mit überragender Sicherheit, Geschlossenheit und Stimmigkeit überzeugte.